Naturwissenschaftlicher Unterricht

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  Das Portfolio im NW-Unterricht

Der Begriff Portfolio steht für eine Sammlung von Objekten einer Person. Er entstammt aus der Kunst und stellte eine Mappe dar, in der ein Künstler eine Auswahl seiner besten Objekte zur Ansicht sammelt.
Im Bildungsbereich steht Portfolio für eine Mappe, in der Arbeitsprodukte aus dem Unterricht zielgerichtet zusammengetragen und geordnet aufbewahrt werden.
Grundsätzlich verfolgt der Unterricht mit Portfolio zwei Zweckrichtungen:
1.) Portfolios sollen Gelegenheit geben, Anwendung und Reflexion von neu Erlerntem zu praktizieren.
2.) Portfolios sind zwar aufwendiger zu bewerten als die traditionellen Leistungsnachweise wie Klassenarbeiten und schriftliche Übungen, aber wesentlich aussagekräftiger. Bei einer klaren Strukturierung sind sie auch ebenso "objektiv" wie die anderen Verfahren.


Es gibt viele verschiedene Arten des Portfolios; in den Naturwissenschaften habe ich vor allem das Arbeitsportfolio und das Prozessportfolio - auch Entwicklungsportfolio genannt - genutzt.
Im Rahmen des Arbeitsportfolios dokumentieren Lernende zu einem selbst gewählten oder vorgegebenen Thema ihren eigenständig erarbeiteten Kenntnisstand sowie die Reflexion des Erarbeitungsprozesses. Diese Sammlung wird begleitend zum Arbeits- und Lernprozess geführt und beinhaltet sowohl abgeschlossene als auch in der Bearbeitung befindliche Arbeiten.
Das Prozessportfolio dagegen umfasst die Dokumentation eines Handlungsprozesses, z.B. ein themengeleitetes experimentelles Erarbeiten durch selbst gewählte Dokumente und Produkte. Auch hier gehört die kritische Reflexion der Handlungsabläufe dazu.
Denkbar ist sicherlich auch, ein Entwicklungsportfolio über die gesamt Schulzeit in NW-Fächern zu etablieren; dabei entscheidet der Lernende selbst, welche seiner Produkte und Reflexionen in die Portfoliomappe gelangen. Diesen Ansatz ist in den sprachlichen und künstlerischen Schulfächern weit verbreitet. Da ich diesen Ansatz bisher nicht verfolgt habe, fehlen mir diesbezügliche Erfahrungen zur Veröffentlichung!

Bedeutsam bei der Methode Portfolio ist der Umstand, dass Schüler sowohl Materialien suchen, sammeln und auswerten als auch alle Schritte ihrer Arbeit dokumentieren und anschließend reflektieren! Neben den Lerninhalten zählt also auch der Lernweg und seine Bewertung, inwiefern er effektiv für die Erarbeitung der Inhalte war.

Wie steigt man in die Portfolioarbeit ein?
Den Mustereinstieg gibt es sicherlich nicht, vielmehr ist dies abhängig von den Schülern und ihren Erfahrungen mit Portfolioarbeit.
In einer NW-Gruppe ohne Portfolio-Erfahrung habe ich sehr oft mit der Einführung eines Prozessportfolios im Rahmen eines experimentell angelegten Stationenlernens oder einem Werkstattunterricht begonnen. Diese offenen Unterrichtsmethoden bieten sich dabei an, denn so können die Schüler in Eigenverantwortung sich Wissen erarbeiten und neben dem Arbeitsprozess auch die Ergebnisse ihrer Arbeit dokumentieren.
Es gab aber auch bereits Lerngruppen, in denen ich mit einem Arbeitsportfolio im Rahmen einer Freiarbeit bzw. einer Facharbeit eingestiegen bin.
Egal wie man einsteigt - allen Schülern muss in einer ersten Stunde die Methode Portfolio und seine Auswirkungen auf den nachfolgenden Unterricht vermittelt werden. In den darauffolgenden Stunden sind die Schüler in ihrem Arbeiten größtenteils auf sich allein gestellt; bestenfalls im Stationenlernen können die Schüler auf Hilfe innerhalb der Kleingruppen hoffen. Der Lehrer dient in dieser Phase ausschließlich als Berater, der responsiv interagiert. Ansonsten findet die Lehrkraft in den Arbeitsphasen die Zeit, Schüler in ihrem Arbeitsverhalten beobachten zu können.
In regelmäßigen, vorher vereinbarten Stunden können Beratungsgespräche zwischen Schüler und Fachlehrer erfolgen. Sie bieten sich insbesondere beim Arbeitsportfolio an, um ein verlässliches Arbeitsergebnis zu erzielen.

Ein Wort zum Thema Bewertung: Traditionell ist die Bewertung eines Portfolios kontraindiziert - in den anglistischen Ländern dienen die Portfolios meistens der Beratung der Schüler durch den Lehrer.
Dennoch können Portfolios durchaus einer Bewertung unterzogen werden, wenn zu Anfang den Schülern die Bewertungsstandards transparent vorgestellt wurden. Dabei sollte neben den verarbeiteten Kenntnissen auch der Lernweg und seine Reflexion in die Gesamtnote einfließen, wobei fehlerhafte Lernwege, die dementsprechend reflektiert wurden, nicht zur Herabstufung der Note führen dürfen. Auch hier gilt es eine lehrreiche Fehlerkultur zu etablieren!

Wer sich auf den Weg zur Portfolioarbeit macht, dem empfehle ich, diese Methode immer wieder anzuwenden und Fortschritte in der Portfolioarbeit entsprechend in der Note zu berücksichtigen. Es sollte aber neben dem Portfolio noch andere Verfahren der Lernergebnisdokumentation geben ... ansonsten läuft sich die Methode vielleicht auch tot!



 

  Literaturquellen:

BIERMANN, C.; K. VOLKWEIN Hrsg. (2010): Portfolio-Perspektiven. Schule und Unterricht mit Portfolios gestalten. Weinheim
BRUNNER, I.; T. HÄCKER & F. WINTER Hrsg. (2006): Das Handbuch Portfolioarbeit. Konzepte. Anregungen, Erfahrungen aus Schule und Lehrerbildung. Velber
ENDRES, W.; T. WIEDENHORN; A.ENGEL Hrsg. (2008): Das Portfolio in der Unterrichtspraxis: Präsentations-, Lernweg- und Bewerbungsportfolio. Weinheim
HÄCKER, T. (2007). Portfolio: ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen. Eine explorative Studie zur Arbeit mit Portfolios in der Sekundarstufe 1. Baltmannsweiler

WINTER, F. (2004). Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit den Schülerleistungen. Baltmannsweiler

 

© Michael Hänsel